Entschädigung für baustellengeplagte Kleinunternehmen

Die IGK hat an den von ihr organisierten „Runden Tischen“ zur Clarastrasse von den betroffenen Mitgliedern die Befürchtung von Konkursen aufgrund der Baustellentätigkeit kurz nach der Corona-Pandemie aufgenommen. Das Bau- und Verkehrsdepartement hat daraufhin das Merkblatt betreffend Entschädigungsbegehren infolge Bautätigkeit des Gemeinwesens zur Verfügung gestellt. Dieses sieht eine Entschädigung vor, wenn die Immissionen übermässig sind. Aus dem Merkblatt ist folgendes zu entnehmen:
Ersatz ist nur zu leisten, wenn die Einwirkungen ihrer Art, Stärke und Dauer nach aussergewöhnlich sind und zu einer Schädigung der Nachbarin oder des Nachbarn führen. Es ist daher immer eine Gesamtbetrachtung der vorliegenden Gegebenheiten vorzunehmen.
Einige Kriterien aus der Gerichtspraxis zur Übermässigkeit von Immissionen:

  • ununterbrochene Bautätigkeit intensivster Art und Weise (Lärm und Staub, Erschütterungen) von mehr als 12 Monaten Dauer (d.h. kontinuierliche Bautätigkeit ohne Winterpause)
  • kontinuierliche lärmintensive Bauarbeiten unmittelbar vor den Hausfassaden unter dem Einsatz von lärm- und erschütterungsintensiven Grossgeräten (z.B. Bagger und Rammgeräte, Erdbohrmaschinen)
  • Bauarbeiten, die den Zugang zu den unmittelbar angrenzenden Liegenschaften mit ihren Wohnungen oder Büros bzw. Ladengeschäften während längerer Zeit nur auf provisorisch angebrachten Holzstegen ermöglichen oder vollständig verunmöglichen
  • kontinuierlicher Baustellenverkehr mit einer Vielzahl von grossen schweren Lastwagen
  • Bauarbeiten finden gestützt auf Ausnahmebewilligungen auch ausserhalb der üblichen Arbeitszeiten statt (und betragen nur deshalb weniger als 12 Monate)
  • Umsatz- bzw. Gewinneinbussen von 20-30% bleiben in der Regel entschädigungslos und der behauptete Schaden muss nachweislich Folge der übermässigen Immissionen sein

Daraufhin hat die IGK Diverses unternommen, damit um die Anliegen der Mitglieder beim Kanton darzulegen und für ihre Situation zu sensibilisieren. Genaueres ist hier (am Ende) zu finden. Dies gipfelte schlussendlich in einem Anzug von Alex Ebi und Konsorten, welchen rund ein Drittel der Grossratsmitglieder unterzeichneten. Die ausführliche Antwort des Regierungsrates kann hier entnommen werden. Zusammengefasst kann aus dem Antwortschreiben gesagt werden, dass der Kanton bemüht ist, Baustellen zu koordinieren und zu etappieren. Gleichzeitig müssen auch Rechtsgrundlagen wie Anpassungen ans Behindertengleichstellungsgesetz sowie der Klimaziele (Netto-Null bis 2037) eingehalten werden.
Obwohl bei Corona-Krediten möglich, die Anlehnung an die damaligen Voraussetzungen wurden unsererseits bewusst gewählt, sei es nun aufgrund des Gleichbehandlungsgebot sowie der Wirtschaftsfreiheit in diesem Fall nicht möglich. Ebenso sei es bereits heute möglich, Entschädigungen zu erhalten (siehe Merkblatt und deren Anforderungen). Bspw. setzt der Unterbruch der Bauarbeiten von 2 Wochen während der ArtBasel an der Clarastrasse den Zähler wieder auf Null. Ebenso führt sie den Bundesgerichtsentscheid (BGE 145 II 282) ins Feld, welcher eine Entschädigungspflicht unter folgenden Voraussetzungen vorsieht:

  • wenn die Beeinträchtigung längere Dauer (Richtwert über ein halbes Jahr) anhält,
  • erhebliche positive (wie Lärm, Staub usw.) oder negative (wie Zugangserschwernisse) Immissionen zu dulden sind, wobei die Intensität sich im Verlauf der Bauarbeiten ändern kann,
  • die Beeinträchtigung beim betroffenen Geschäft (bzw. Betrieb) eine erhebliche Umsatzeinbusse (Richtwert 20 bis 30%) oder einen erheblichen Zusatzaufwand (wie für Reinigung) verursacht.

Aufgrund dessen beantragte der Regierungsrat beim Grossen Rat den Anzug abzuschreiben. Der Grosse Rat folgte mit 58 zu 33 Stimmen und schrieben den Antrag ab. Für ein „Nein“ (somit stehen lassen) stimmte sowohl die LDP wie auch die SVP und 2/3 der Mitte/EVP. Somit wurde der Antrag abgeschrieben (dies auch mit Ja-Stimmen von Anzugsunterschreibenden). Das Abstimmungsresultat finden Sie hier. Die Enttäuschung darüber, dass KMU-Betriebe in einer schwierigen Situation nicht unterstützt werden, ist gross. Gerade die kleinen Betriebe, um die es ging und die wir alle schätzen, fühlen sich einmal mehr im Stich gelassen. Die Tendenz KMUs mit Auflagen, zusätzlichen oder höheren Gebühren und Entsagung von Unterstützungen zu belasten, wird mit steigender Sorge betrachtet. Wir bleiben weiter am Ball und unterstützen unsere Mitglieder!

igk
Author: igk

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